AUSWAHLKRITERIEN FÜR SONNENKOLLEKTOREN

Erschienen in "Moderne Gebäudetechnik" Heft 3/2000, HUSS-MEDIEN Verlag, Autor: Dipl.-Ing. H. Bendt

(Abb. 1)
Sonnenkollektoren müssen keine Fremdkörper am Gebäude darstellen. Der flachliegende Sydney-Vakuumkollektor wurde zu einem bewußt gewählten Stilelement des Gebäudes und integriert sich hervorragend.
(Foto: BPV-Architekten, Hamburg)

Sonnenkollektoren, die aus dem Strahlenspektrum der Sonne Nutzwärme gewinnen, nehmen eine zentrale Rolle in solarthermischen Systemen ein. Allerdings sind sie nur eine Komponente in einem dynamischen System. Eine schlecht abgestimmte Anlage bringt unbefriedigende Ergebnisse - dafür kann auch der Kollektor nichts

In der folgenden Ausführung soll nur auf Kollektoren für Brauchwassererwärmung und Raumwärme eingegangen werden. Für aussenliegende Schwimmbäder sind die in Heft 7-8/99 beschriebenen Absorbersysteme vorzuziehen.

Welche Auswahlkriterien können für Solarkollektoren herangezogen werden?

  • Der Energieertrag
  • Der Preis
  • Die Bauteilqualität
  • Integrationsmöglichkeiten ins Gebäudekonzept
  • Montagefreundlichkeit
Die Gewichtung der einzelnen Kriterien kann für verschiedene Projekte unterschiedlich ausfallen, weshalb es sich empfiehlt, sich nicht nur auf eine Kollektorbauart zu beschränken.

Der Energieertrag

Der Energieertrag eines Kollektors ist eines der wichtigsten Verkaufsargumente. Ganzjährige Energieerträge und deren Jahresverlauf für einen Kollektor können aber nur für ein komplettes System angegeben werden. Zum Vergleich müssen die Angaben auf der selben Systemauslegung und den selben Verbrauchswerten basieren und im selben Verfahren ermittelt worden sein. Dies ist z.B. in den Bruttowärmeertragstabellen (BWE) der Hochschule Rapperswil, SPF gegeben (sie können im Internet unter „www.solarenergy.ch" eingesehen werden oder sind käuflich erhältlich). Für die Bewertung von kompletten Systemen wurde ein Dynamischer Sytemtest (DST) vom ITW in Stuttgart entwickelt. BWE- und DST-Angaben für den Kollektorertrag können nicht unmittelbar miteinander verglichen oder auf eigene Projekte übertragen werden.

Es gibt auch relativ einfach zu bedienende Simulationsprogramme auf dem Markt, mit denen der Jahresenergieertrag ermittelt werden kann. Diese sind aber eher als eine gute Planungshilfe für Gesamtanlagen gedacht. Ergebnisse verschiedener Programme sollten nicht miteinander verglichen werden, und einige Programme sind zur Kollektorauswahl gänzlich ungeeignet.

Will man sich nicht durch dicke Tabellenwerke oder Computerprogramme arbeiten, kann man sich an den Kollektorkennwerten orientieren. Die Energiebilanz und Verlustgrößen eines Kollektors wurden bereits in Heft 7-8/99 erläutert. Im Folgenden soll auf die wichtigsten Kenngrößen etwas differenziert eingegangen werden.

Mit entscheidend für den Energieertrag eines Systems ist der Wirkungsgradverlauf des Kollektors, der in Diagrammen oft in Abhängigkeit vom reduzierten Parameter x [m² K/W] dargestellt wird. x ergibt sich aus der mittleren Kollektortemperatur Jm , der Umgebungstemperatur JL und der mittleren globalen Bestrahlungsstärke Eg [W/m²] bei der Messung (nach DIN 800 W/m²).

Der Wirkungsgrad ist in DIN 4757-4 (Lit. 1) als das Verhältnis von Nutzleistung[W] unter stationären Bedingungen zum Produkt aus der globalen Bestrahlungsstärke und Eintrittsfläche am Kollektor Ae [m²] definiert.

(Abb. 2)
Typische Bereiche des Wirkungsgrades ohne Windeinfluß bezogen auf die Absorberfläche für Flachkollektoren (blau) und Vakuumröhrenkollektoren (rot)

Bei einer flachen Kurve arbeitet der Kollektor über einen breiten Bereich der Temperaturdifferenzen und Bestrahlungsstärken relativ konstant. Dies ist wichtig in Systemen zur Heizungsunterstützung oder bzw. und in Verbindung mit Schichtenspeichern, insbesondere wenn regelungsunterstützt eine hohe Temperatur im oberen Speichersegment erreicht werden soll. Eine steile Kurve wirkt sich verstärkend auf die Winter-Sommer-Ungleiche des Ertrages aus.

Laut DIN ist es den Anbietern freigestellt, auf welche Fläche sie die Wirkungsgradangabe beziehen (siehe Kasten: Flächendefinitionen), dies ist beim Vergleich zu beachten.

Bei Vakuumröhren ist die aperturflächenbezogene Angabe kritisch zu betrachten, da z.B. der selbe Kollektor ohne Reflektor einen höheren Wirkungsgrad hätte als mit, jedoch insgesamt weniger Energie liefern würde.

Im realen Betrieb trifft die direkte Strahlung fast ausschließlich mit einem abweichenden Winkel g auf den Kollektor auf und nicht rechtwinklig g=0°, wie bei der Wirkungsgradermittlung. Hierdurch verändert sich der optische Wirkungsgrad des Kollektors, den man durch Vernachlässigung der Wärmeverluste erhält. Er ergibt sich aus dem Transmissionsgrad t des Glases an der Apertur und dem solaren Absorptionsgrad des Absorbers as.

Der Grad der Veränderung wird durch den Einstrahlwinkel-Korrekturfaktor Kg beschrieben (auch IAM für engl. incidence-angle-modifier). Er wird maßgeblich durch den Reflexionsgrad des Glases bestimmt und beeinflußt den Energieertrag um so mehr, je weiter die Kollektororientierung vom Ideal abweicht (Südausrichtung, Anstellwinkel). Er hat aber auch Einfluss auf die genutzte Diffusstrahlung, da ca. 30% davon mit g>60° auftreffen.

Bei Flachkollektoren wird nur ein Wert für g=50° angegeben. Üblich sind Werte größer 0,9. Bei Vakuumröhren werden geometriebedingt zwei Wertebereiche für radiale und axiale Winkelabweichungen benötigt.

(Abb. 3)
Einstrahlwinkel-Korrekturfaktor als Funktion des Einstrahlwinkels für einen Vakuumröhrenkollektor mit Reflektor (Bsp. microtherm SYDNEY SK-6). Bei Flachkollektoren entspricht er der Kurve für axiale Abweichung.

Absorberbeschichtungen

Absorberbeschichtungen werden durch den solaren Absorptionsgrad as und den Emissionsgrad e des warmen Absorbers charakterisiert (vergleich Tabelle 1). Sie haben direkten Einfluss auf den Kollektorwirkungsgrad.

F' ist ein kollektorspezifischer Konversionsfaktor, s die Stefan-BoltzmannKonstante und Ja ist die Temperatur der Verglasung bzw. des Himmels.

Die Temperaturen in der vierten Potenz und die hierzulande häufig geringe Globalstrahlung, verdeutlichen den Einfluss des Emissiongrades auf den Wärmeverlust. Dies gilt besonders, wenn ganzjährig hohe Kollektortemperaturen erreicht werden sollen.
Hersteller Produkt as [%] e [%] Beschichtung Absorber
- schwarzer Lack

97

97

nichtselektiver Lack -
TeknoTerm SunStrip 95±2 15±2 Ni auf oxidiertem Al Al
MTI Black Chrome 95±2 12±2 Schwarz Chrom auf Ni Cu
TiNOx TiNOx

95

5

TiNOx Cu
Interplane Sunselect

95

5

Materialmix Cu
Shiroki Sydney Absorber

96

3

3 Schichten gesputtert Glas
div. Anbieter   90±2 20±5 selektiver Lack Al/Cu

Tab. 1) Übersicht über einige zufällig ausgewählte Absorberbeschichtungen nach Herstellerangaben Lit. 2

Die Alterungsbeständigkeit von Absorberbeschichtungen wird durch das Gütekriterium PC (performance criteria) angegeben, das nach einem Normentwurf (ISO/CD 12952.2) ermittelt wird.

Die Veränderung von Absorptions- und Emissionsgrad soll nach künstlicher Alterung entsprechend 25 Jahren einen PC von kleinergleich 0,05 ergeben.

Für einige Absorberbeschichtungen liegen bereits Langzeiterfahrungen vor, die für ihre weitestgehende Beständigkeit auch in Flachkollektoren sprechen (Lit. 3).

Stillstandstemperatur

Die Stillstandstemperatur eines Kollektors, die sich bei Sonnenstrahlung von 1000 W/m² ohne Wärmeabnahme einstellt (DIN 4757 T3), stellt kein besonderes Qualitätskriterium dar. Jedoch können durch sehr hohe Temperaturen (oft weit über 200°C) Kollektorfühler und Frostschutzmittel geschädigt oder zerstört werden.

In jedem Fall sollte der Hersteller Hinweise geben, welche Besonderheiten beim Einsatz seines Kollektors beachtet werden müssen, wenn mit sehr hohen Temperaturen gerechnet werden muss.

Bauteilqualität

In der Regel haben die marktgängigen Kollektoren heute eine sehr gute Qualität (vergleiche Heft 10/97 Seite 38ff). Die Kollektorgehäuse sind ausreichend dicht gegen Insekten Schmutz und Feuchtigkeit und können die Luftausdehnung gut ausgleichen.

Da Glasschäden nicht gänzlich auszuschließen sind, sollten Glasabdeckung möglichst separat ausgetauscht werden können.

Glas-Metall-Verbindungen können bei Vakuumröhrenkollektoren eine Schwachstelle darstellen. Wichtig ist deshalb, dass der Hersteller eine entsprechend lange Garantie auf das Vakuum bei unbeschädigter Röhre gewährt (min. 10 Jahre).

Die DIN-Normen enthalten neben der Wirkungsgradprüfung noch weitere Qualitätskriterien wie z.B. die Beständigkeit der Materialien bei Stillstandstemperatur, Druckbeständigkeit und Brandeigenschaften. Bei bestandener Prüfung erhält der Kollektor eine „Genehmigung zum Führen des DIN-Prüf- und Überwachungszeichens". Soll der Kollektor in öffentlichen Gebäuden montiert werden braucht er zusätzlich eine Bauartzulassung.

Der „Blaue Engel" des Umweltbundesamtes ist z.T. eine Förderungsvoraussetzung. Er wird für Kollektoren vergeben, die einen Mindestwirkungsgrad erreichen, nur FCKW-freie Werkstoffe enthalten und deren empfohlenes Wärmeträgermedium ökologisch unbedenklich ist. Jedoch gilt insgesamt, dass Sonnenkollektoren mehr Energie gewinnen als für die Erstellung verbrauchen und somit einen ökologischen Wert darstellen.

Der Preis

Zum Vergleich sollte man quadratmeter- oder ertragsspezifische Preise bilden, in denen auch das meist zusätzlich benötigte Montagezubehör enthalten sein sollte. Die Kosten hierfür sind in der Regel abhängig von der Anzahl der Kollektoren pro Kollektorfeld.

Schwer abzuschätzen sind die Kosten, die durch die Montagezeit und den Montageaufwand entstehen. Bis auf bei Pauschalangeboten können diese jedoch meist problemlos an den Kunden weitergegeben werden und spielen so bei der Akquisition nur eine untergeordnete Rolle.

Montagefreundlichkeit

Die Montagefreundlichkeit wird oft sehr individuell wahrgenommen und bewertet. Trotzdem sollen hier einige Punkte genannt werden, die dem Autor wesentlich erscheinen.

Zumeist werden Kollektoren ohne Hebehilfen montiert. Insbesondere dann ist es wichtig, dass sie ohne viele Handgriffe schnell in ihrer endgültigen Montageposition fixiert werden können. Alle anschließenden Handgriffe sollten möglichst von einer Person mit höchstens zwei Händen durchgeführt werden können.

Größe und Gewicht des Kollektors spielen hauptsächlich eine Rolle, wenn sie als Ganzes oder an schwer zugänglichen Montageorten montiert werden müssen.

Anschlußstuzen, die über den Kollektorrahmen hinausschauen, können eventuell verbogen oder beschädigt werden.

Der Montagepunkt des Kollektorfühlers sollte leicht zugänglich sein, da Fühler auch im laufenden Betrieb defekt werden können und einfach auszuwechseln sein sollten.

Besondere Montagesituation und Gebäudeintegration

Bei Flachkollektoren gibt es die Möglichkeiten der dachintegrierten oder der Aufdachmontage (Abb. 4). Die Dachintegration stellt die optisch elegantere, aber auch aufwendigere Montage dar. Bei ihr wird ein Teil der Dacheindeckung durch den Kollektor ersetzt.

(Abb. 4)
Aufdachmontage A oder dachintegrierte Montage B von Flachkollektoren.

Besondere, aber häufig anzutreffende Montagesituationen stellen u.a. Flachdächer dar. Flachkollektoren oder Vakuumkollektoren mit Heat-Pipe benötigen Unterkostruktionen als Anstellwinkel, da sie eine Mindestneigung haben müssen bzw. sollten. Dies kann zu Befestigungs- oder Beschwerungsproblemen führen, da der Kollektor einer Windlast ausgesetzt ist.

Es gibt direktdurchströmte Vakuumröhrenkollektoren, die parallel zum Dach montiert werden können. Bei ihnen sind keine größeren Beschwerungsgewichte notwendig. Bild 1 zeigt z.B. einen Sydney-Kollektor der flach montiert zu einem Stilelement des Hauses geworden ist und sich so fast unauffällig in das Gebäudekonzept integriert.

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Flächendefinitionen am Kollektor

Bruttofläche: Sie ergibt sich aus den äußeren Abmaßen des Kollektors. Zum Teil ist es sinnvoll, Ertragsangaben bezogen auf die Bruttofläche zu vergleichen.

Absorberfläche: Die Absorberfläche ist die Summe der auf die Kollektorebene projizierten unbeschatteten Flächen der Absorber, ihrer Anschlußstutzen und Sammlerrohre.

Aperturfläche: Unter der Aperturfläche versteht man die Lichteintrittsfläche in den Kollektor. Bei einem Flachkollektor ist die die durchscheinde Fläche der Glasabdeckung. Bei reflektorlosen Vakuumröhrenkollektoren gilt der innere Durchmesser der Glasröhre als Breite der Apertur. Ist der Kollektor mit einem Reflektor versehen, so gelten dessen äußere Abmessungen als Aperturfläche. Im Kollektor kann nicht mehr Energie umgesetzt werden, als in Form von Licht durch die Apertur eintreten kann.

(Abb. 5)
Flächendefinitionen am Kollektor.

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Lit. 1) DIN V 4757 Solarthermische Anlagen Teil 4: Bestimmung von Wirkungsgrad, Wärmekapazität und Druckabfall, 1995 / Beuth Verlag

Lit. 2) Karl-Heinz Remmers: „Forum Solarpraxis: Selektive Schichten", Sonnenenergie & Wärmetechnik Heft 4/1998 / Bielefelder Verlagsanstalt.

Lit. 3) F.A. Peuser, R. Croy u.a.: Langzeiterfahrungen mit thermischen Solaranlagen, 1997 / ZFS rationelle Energietechnig GmbH